Auch Hebammen sind systemrelevant und in diesen Zeiten besonders gefordert. Die Medien sind voll von Dankbarkeitsbezeugungen für alle im Pflegebereich, Medizinsektor und der Lebensmittelversorgung Tätigen. „Wir finden das wunderbar und schließen uns dem auch vollen Herzens an. Unsere eigene Zunft aber vermissen wir bei all diesen Bekenntnissen. Und das schmerzt uns“, so Jutta Eichenauer, 1. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg.
Wie Ärzt*innen und Pflegekräfte sind Hebammen aktuell den Gefahren besonders ausgesetzt, sowohl im Kreissaal als auch beim Hausbesuch. „Während einer Geburt entsteht zwangsläufig ein enormer Tröpfchen-Kontakt, allein die Wehen-Atmung emittiert viel Aerosol, dem sind die Hebammen bei der Geburt ausgesetzt“, erklärt die Hebamme.
Vor allem die freiberuflichen, ambulant tätigen Hebammen wissen selbst nie, ob sie in den Familien mit der Infektion konfrontiert werden, und im schlimmsten Fall die Infektion weitertragen. Denn schützen können sie sich kaum.
Alleine gelassen
Weil die freiberuflichen Hebammen Kleinst-Unternehmerinnen sind, werden sie bei der Beschaffung von Schutzkleidung und Masken wie Kolleginnen und Kollegen der ambulanten Pflege alleine gelassen. Die zuständigen Gesundheitsämter versuchen zwar, an Schutzausrüstung zu kommen, aber ob und wann das gelingt, ist unklar. Dabei arbeiten gerade Hebammen in einem Beruf, in dem der geforderte Mindestabstand von 1,5 Metern zu den betreuten Frauen und deren Säuglingen gar nicht eingehalten werden kann.
„Hinzu kommt, dass gerade jetzt die Wöchnerinnen so früh wie selten aus den Kliniken in die ambulante Hebammenversorgung entlassen werden. Das ist einerseits genau das, was wir uns immer schon gewünscht haben,“ so Jutta Eichenauer, „unter den aktuellen Corona-Beringungen ist es jedoch eine Herausforderung, bei der wir volle Unterstützung brauchen.“
(siehe Beitrag: Ambulante Hebammenversorgung in Zeiten von Corona)
Und nach der Krise?
Als Hebamme und Berufsverbandsvertreterin hofft und erwartet sie, „dass wir nicht vergessen werden, wenn Boni an all diejenigen verteilt werden, die derzeit das System am Laufen halten. Und wenn die Politik zu Recht endlich darüber nachdenkt, auch nach der Krise die Löhne in diesen Branchen zu verbessern, dann muss auch die Honorierung unseres Einsatzes als Hebammen sich in einer gerechteren Bezahlung niederschlagen.“