Der Hebammenverband Baden-Württemberg e. V. begrüßt den Ansatz zur Verbesserung des Paragrafen 219a und schließt sich der Stellungnahme des AKF (Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V.) an, der in seinem Schreiben an Justizministerin Barley vor allem auf die Probleme hinweist, die nach wie vor im Gesetzentwurf stecken.

Jutta Eichenauer
Jutta Eichenauer, 1. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg, ergänzt mit deutlichen Worten:
„Wir vom Hebammenverband Baden-Württemberg hatten gehofft, dass die Reformierung des Paragrafen 219a ein Vorstoß in die heutige Zeit wäre. Das ist leider nicht der Fall. Herausgekommen ist ein kleiner Schritt zur Befriedung, der aus meiner Sicht vor allem vor dem Hintergrund der medial präsenten Anklage bzw. Verurteilung gegen die Ärztinnen nötig war. Das wäre dann damit vom Tisch – und das ist auch gut so.
Aber im Prinzip hat sich an der gesetzlichen Gängelung nicht viel geändert. Ich möchte deutlich werden: Im Informationszeitalter ist es eine Unverschämtheit, ärztliche Aufklärung (zu der Ärzt*innen verpflichtet sind!) als Werbung zu deklarieren. Warum nur hält man mit aller Gewalt daran fest, fragen sich viele. Ist es nach wie vor so, dass man Frauen die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem und zu verantwortungsvollem Handeln absprechen muss? Muss man Ärzt*innen unterstellen, dass sie Aufklärung hinterhältig zu getarnter Werbung machen, weil ihnen letztere verboten ist, sie aber zum Glück zu ersteren verpflichtet sind? Hält man Vollakademiker*Innen für so dumm, den Unterschied nicht zu erkennen? Oder hält man sie für so abgefeimt – und lässt sie trotzdem als Mediziner*Innen auf die Menschheit los?
Müssen Frauen immer noch entmündigt werden – und das auch noch per Gesetz? Wer darf hier entscheiden (Männer sollten das grundsätzlich nicht sein)? Wohl gemerkt: beim § 219a geht es nicht um das Recht auf Abtreibung. Es geht um das Recht auf Information zum Schwangerschaftsabbruch! Und das Recht darauf ist per UN-Sozialpakt ein Menschenrecht.
Natürlich gibt es vor allem auch ein Recht auf Leben – und wir Hebammen (wie auch die Ärzt*innen) sind die Letzten, die sich gegen das Leben stellen! Aber es geht um den Körper der Frau und auch ihr Leben, sie muss das Recht behalten, selbst zu entscheiden! Und das kann sie nur, wenn sie gut informiert ist. Wo liegt das Problem der vermeintlichen Gesetzeshüter, die sich gegen die Information stellen. Glauben die im Ernst, dass eine schwangere Frau, die im Internet Informationen zum Schwangerschaftsabbruch liest, sofort denkt „ach das ist ja interessant, das mache ich eben mal.“ Und dass sie dann gleich einen Termin bei Arzt oder Ärztin macht, wo man dann ohne weitere Aufklärung gleich zur Tat schreitet? Diesen Eindruck erwecken zu wollen, ist populistisch. Und stempelt die Frauen (immer noch) als unselbständige Wesen ab, denen man (Mann) sagen muss, wo es langgeht. Keine Frau entscheidet sich schnell mal eben für einen Schwangerschaftsabbruch (immerhin tragen auch noch Hormone ihren Teil dazu bei). Mag sein, dass es ein paar wenige gibt, die leichtfertiger mit ihrem Körper und ihrer Psyche umgehen. Aber deswegen alle Frauen in Sippenhaft zu nehmen, ist mit Antidiskriminierungsgesetzen nicht vereinbar. Es gibt ja auch kein Gesetz gegen Harz IV, nur weil es Menschen gibt, die das ausnutzen.“
Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) ist der größte Zusammenschluss von unabhängigen Frauengesundheitsorganisationen im deutschsprachigen Raum.