Der Welt-Hebammentag am 5. Mai steht dieses Jahr vor einer außergewöhnlichen Herausforderung: es soll ein Aktionstag sein, um auf die Arbeit der Hebammen aufmerksam zu machen. Die Voraussetzungen dafür sind derzeit schlechter denn je.
Also kann der Tag zum Anlass genommen werden, um nüchtern Bilanz zu ziehen: Seit über 20 Jahren versuchen Hebammen auf der ganzen Welt, auf sich aufmerksam zu machen. In den ersten Jahren ging es vor allem darum, auf die Bedeutung ihrer Arbeit hinzuweisen. In den letzten Jahren lag der Fokus den Umständen entsprechend eher auf den Problemen, mit denen der Berufsstand konfrontiert ist. Und heute?
Weltumspannende Unsicherheit
„Die ganze Welt wurde kalt erwischt von einem neuartigen Virus, das uns alle in Atem hält“, so Jutta Eichenauer, 1. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg e. V.. „Wir sind alle gezwungen, Entscheidungen auf einer Grundlage zu treffen, die völlig fragil ist, weil eben keiner wirklich wissen kann, wie sich das Virus ausbreiten wird. Wir in Deutschland haben dabei noch gute Voraussetzungen. Als Berufsverbandsvertreterin muss ich natürlich unsere beruflichen Probleme ansprechen. Sie in dieser Situation jedoch anzuprangern, wie einem Aktionstag angemessen, würde mich persönlich beschämen. Natürlich: alle im Gesundheitssektor, vor allem die Freiberufler, erleben derzeit, dass sie zunächst gar nicht und mittlerweile nur langsam und bedingt von offizieller Seite mit Schutzkleidung versorgt werden. Gestiegene Kosten können später nur teilweise geltend gemacht werden und nur wenige kommen unter den Rettungsschirm. Auch die freiberuflichen Hebammen sind auf sich gestellt, weil sie trotz unermüdlicher Anstrengungen durch HVBW und DHV und sogar mündlicher Zusage (noch?) nicht in die Liste der systemrelevanten Berufe aufgenommen wurden.
Aber Nachbesserungen von Verordnungen und eine Konsolidierung der gesundheitlichen Situation zeichnen sich ab – für uns hier. Mit viel mehr Sorge blicke ich auf die Menschen in vielen anderen Ländern dieser Welt und damit auch auf unsere dortigen Kolleginnen. Hier kann von Schutzkleidung schon gar keine Rede sein und die verheerenden Folgen können wir nur erahnen. Vor diesem Horrorszenario kann ich tatsächlich nur demütig das annehmen, was wir derzeit bekommen“, so die Hebamme.
Was kommt nach dem Applaus?
Seit Beginn der Krise wird überall die Wunschvorstellung heraufbeschworen, von dem vermeintlichen Zusammenhalt etwas mit in die „Zeit danach“ herüberretten zu können. Vermutlich einfach nur deswegen, um die Situation besser zu ertragen – vernünftig aber unrealistisch. Wir stehen vor einer Weltwirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes. Es gehört schon mehr dazu, als nur Lippenbekenntnisse, dass der vielleicht bleibenden Wertschätzung auch eine bessere Honorierung folgt: in all den Berufen, die jetzt unter dankbarem Applaus das alltägliche Leben aufrechterhalten, ob als systemrelevant eingestuft oder nicht – und vor allem weltweit.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Jahr 2020 zum „Jahr der Pflegenden und Hebammen“ ausgerufen. Darauf bezieht sich der Deutscher Hebammenverband in seiner Pressemitteilung zum Internationalen Hebammentag.