… aber alles andere als in Gold bezahlt! Das Ergebnis: Hebammenmangel wohin man guckt. Auch im Bottwartal. Aus der Öffentlichkeit kommt viel positive Resonanz für die Hebammen und Unverständnis gegenüber der fehlenden Unterstützung von Seiten der Politik. So reagierte eine Leserin auf den alarmierenden Artikel über den Hebammenschwund im Bottwartal (Artikel und Leserbrief s. u.). Sie beschreibt, wie sie die negative Entwicklung am eigenen Leib erfahren hat.
Dramatischer Engpass im Bottwartal symptomatisch
Der Hebammenmangel im Bottwartal ist nicht nur ein typisches Beispiel für die Situation in Baden-Württemberg. Die gleichen Bedingungen – und die gleichen Erfahrungen der Schwangeren und Mütter – findet man seit ein paar Jahren in ganz Deutschland, mit zunehmender Dringlichkeit. Auch im Bottwartal sind viele Gemeinden mit Hebammenhilfe unterversorgt. Das wirkt sich natürlich auf die übrigen Hebammen in der näheren und mittlerweile auch weiteren Umgebung aus. Doch die sind am Ender ihrer Kompensationsmöglichkeit!
Ruhestand und krankheitsbedingte Ausfälle
Seit sich ihre Kollegin Inge Seitz aus Murr in den Ruhestand verabschiedet hat, ist die Not noch größer. Zusätzlich sind zwei Hebammen krankheitsbedingt ausgefallen: eine von ihnen wegen einer Krebserkrankung gleich für ein ganzes Jahr, ihre Kollegin nach einem Beinbruch für mehrere Wochen. Die Kapazitäten sind erschöpft, es gibt zu wenig Hebammen! Und junge Nachfolgerinnen sind nicht in Sicht, bei den gegebenen beruflichen Voraussetzungen ist das auch nicht mehr zu erwarten. Ines Pantle, Hebamme und Vorsitzende der Hebammenkreisgruppe Ludwigsburg ist mit 46 Jahren die jüngste Hebamme im Bottwartal. Sie betont, dass Hebamme zwar ein Traumberuf sei, aber gemessen an den Arbeitszeiten und der Verantwortung sei die Bezahlung „unterirdisch“. Wer will sich schon auf solche Bedingungen einlassen.
Notruf an die Politik
Sigrid Böhle ist eine der Bottwartaler Kolleginnen, die versuchen, den Notstand für die Schwangeren abzufedern – aber auch sie ist an die Grenzen des Machbaren gestoßen. Die resolute Hebamme hat daher die Informationen auf ihrem Anrufbeantworter um einen konstruktiven Vorschlag ergänzt: „Ich kann bis Juli leider keine Frauen mehr annehmen, ich bin komplett ausgebucht. Bitte beschweren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse, die sollen Ihnen eine Hebamme suchen, oder beim Bundestagsabgeordneten Eberhard Gienger“.
Zynische Umgang mit existenzieller Not
Christl Scheichenbauer, Hebamme aus Ludwigsburg und 2. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg, sieht die Verantwortung bei den Krankenkassen und den Politikern. Doch viel Unterstützung hätten die Hebammen bisher nicht erfahren. Sie persönlich hat jüngst in einem Gespräch vielmehr Zynismus zu spüren bekommen, als ihr ein Politiker vermeintlich aufmunternd auf die Schulter klopfte und meinte, Hebammen sollten halt effektiver arbeiten.
Politik und Krankenkassen gefordert
Vielfach haben wir hier von verschiedenen anderen Abläufen in Baden-Württemberg berichtet: Kreissaalschließungen, Praxisaufgaben und berufliche Abwanderungen ins angrenzende Ausland. Die Ursache: die dramatisch gestiegenen Haftpflichtprämien sind von den Hebammen nicht mehr zu erwirtschaften. Dabei gebe es auch für diese Probleme Lösungen, andere europäische Länder machen es uns vor. Alle Anstrengungen der Berufsverbände sind bisher am Widerstand der GKV-SV gescheitert.
Vereinzelte kommunale Aktionen, wie die finanzielle oder organisatorische Unterstützung von Hebammen, damit diese am Ort bleiben, machen Schule, sind aber nicht die Lösung für das eigentliche Problem.
Hoffnung kommt vom Runden Tisch
„Wir haben uns so oft an Politiker gewendet. Lange wurde von dieser Seite die Brisanz unterschätzt“, so Christel Scheichenbauer. „Engagiert hat sich namentlich Bärbl Mielich, Grüne Staatsekretärin im Sozialministerium Baden-Württemberg. Ihr ist es zu verdanken, dass der schon lange geplante Runde Tisch Geburtshilfe (wir berichteten mehrfach) nun tatsächlich zustande gekommen ist. Der nimmt seine Arbeit am Dienstag mit der konstituierenden Sitzung auf. Alle Hoffnung setzen wir jetzt auf dieses Gremium, an dem alle Akteure rund um das Thema gemeinsam beteiligt sind.“
Jüngste Medienberichte zur Situation im Bottwartal:
Hebammenmangel immer dramatischer (Ludwigsburger Kreiszeitung – Marbach/Bottwartal, 31.12.2016)
Hebammen schlagen Alarm (Marbacher Zeitung – Bottwartal Bote, 05.01.2017)
Beitragsbild: Vorstand der Hebammenkreisgruppe Ludwigsburg, von links nach rechts: Ines Winter, Ines Pantle (Bottwartal), Sigrid Böhle (Bottwartal), Sabine Freitag, Irmfriede Pilz-Buob.