Wieder jährt sich heute der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen – und die Brennpunkte der Gewalt weltweit sind nahezu unverändert geblieben.
Leider betrifft das auch die Gewalt unter der Geburt, auch bei uns. „Wir haben sogar den Eindruck, dass gerade wieder vermehrt traumatisierte Frauen aus den Kliniken kommen. Nach Jahren der Pandemie ist das Personal in den Geburtsstationen ausgepowert und wegen eigener Krankheitstage noch mehr ausgedünnt, als das im Regulärbetrieb ohnehin schon der Fall ist. Wie soll da eine individuelle achtsame Betreuung unter der Geburt möglich sein?“, fragt Jutta Eichenauer, 1. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg. Die Hebamme betont jedoch, dass die Kolleginnen und Kollegen eine ganz klare Haltung gegen Gewalt haben und ihr Bestes geben, um genau das zu vermeiden und zu verhindern.

Gewalt hat viele Gesichter
Allerdings gibt es viele Formen von Gewalt – und nicht auf jede kann die Hebamme Einfluss nehmen. Gewalt beginnt bereits beim Alleinelassen der Gebärdenden, was oft Ergebnis des Personalmangels ist. Sie zeigt sich aber auch in routinierter Respektlosigkeit und Entmündigung unter der Geburt, in der Festlegung auf Geburtspositionen ohne Rücksprache mit der Gebärenden, in der Beeinflussung des Geburtsablaufs durch Drohszenarien, in Eingriffen ohne medizinische Notwendigkeit – und noch einiges mehr.

Die Politik muss handeln
Leider senden das neue GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG), sowie die seit Januar geltende Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV), das völlig falsche Signal, denn sie führen eher zu einer weiteren Verschärfung der angespannten Situation und leisten dem Gewaltpotential Vorschub. Um einem akuten Hebammenmangel auf Schwangeren- und Wochenbettstationen entgegenzuwirken und damit einer drohenden Gefährdung der Versorgungssicherheit von Frauen und Neugeborenen vorzubeugen, sind der Deutsche Hebammenverband e. V. und seine Landesverbände jüngst mit einer Protestaktion und Forderungen an die Politik in die Öffentlichkeit gegangen (wir berichteten).

Gewaltformen sichtbar machen
Die Klinik ist nun mal der häufigste Geburtsort: In Deutschland gebären 98 Prozent der Frauen im Kreissaal. Entsprechend hoch fällt also die Zahl der Gewalterfahrungen aus. Damit diese Erlebnisse nicht tabuisiert werden, setzt die internationale Initiative Roses Revolution, die auch in Deutschland vertreten ist, auf Sichtbarmachung und Dialog.
Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, der von ihnen der Roses Revolution Day genannt wird, rufen sie Betroffene dazu auf, Rosen mit Karten und Briefen vor die Kreissaaltüren zu legen, und die (mit)erlebte Gewalt öffentlich zu machen. Darüber hinaus sollen die Sozialen Medien dazu genutzt werden, sich miteinander zu vernetzen, um sich gegenseitig Mut und Kraft zu spenden.

Orange The World
Auch dieses Jahr ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen wieder der Auftakt für die Aktionen zu „Orange The World“, die bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, gehen. Die von der UNESCO ins Leben gerufene Kampagne fordert weltweit Menschen, Institutionen und ganze Städte dazu auf, das Menschenrecht der Gewaltfreiheit leuchten zu lassen. Dafür sind spektakuläre orangenen Lichtprojektionen auf markante Stätten mittlerweile ein beeindruckendes Markenzeichen.

Beispiel: Aktionswoche im Landkreis Ravensburg