Am 5. Mai ist Internationaler Hebammentag.

Seit Jahren leidet die stationäre und ambulante Hebammenversorgung unter einem großen Versorgungsnotstand. Hohe Arbeitsverdichtung und -belastung prägen seit Langem den Alltag der Hebammen in Deutschland. Ungeplante Krankheitsausfälle aufgrund von COVID-19-Infektionen sowie der erhöhte Arbeitsaufwand, bedingt durch Maßnahmen zur Reduktion des Ansteckungsrisikos, verschärfen seit Monaten die Lage. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht, wo sie nicht durch Einzelfallprüfung ausgesetzt wird, kommt hinzu.

Dennoch werden Hebammen in den Debatten um die jahrelange hohe Belastung und die nunmehr seit zwei Jahren andauernde Mehrbelastung des medizinischen Personals kaum berücksichtigt. Selbst bei wohlwollenden Gesten wie die Boni werden Hebammen völlig außer Acht gelassen.

„So kann es nicht weitergehen“, mahnt Jutta Eichenauer, 1. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg e. V. „Hebammen arbeiten seit Jahrzehnten am Limit – mit gravierender Sogwirkung, denn je härter der Beruf wahrgenommen wird, desto weniger sind bereit, sich darauf einzulassen. Die Folge ist eine weitere Verschärfung der Arbeitssituation. Eine berufliche Abwärtsspirale“, so Eichenauer.

Der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV), der bundesweit rund 22 000 Hebammen vertritt, hat jüngst eine Erhebung unter ihnen durchgeführt, um mit Zahlen und klaren Aussagen das Problem zu dokumentieren. Die Frage: Unter welchen Umständen würde man heute in den Beruf als Klinikhebamme (wieder-)einsteigen.
Das Fazit: Wenn die Eins-zu-eins-Betreuung der Frau garantiert ist, die Hebamme nur Hebammentätigkeit ausführen muss und hebammengeleitete Geburtshilfe nicht nur leere Worte sind, dann würde sie (wieder/mehr) im Kreißsaal arbeiten.

Am Welt-Hebammentag um 10 Uhr gibt der DHV eine Pressekonferenz, die über die DHV-Website live mitverfolgt werden kann. Pressemeldungen wird der DHV nutzen, um mit Politiker*innen und Klinikleitungen in Kontakt zu treten, starke Argumente für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Hebammen-Themen vorzubringen und endlich eine Eins-zu-eins-Betreuung in den Kliniken zu erreichen.

„Wir hoffen, dass Politik und Gesellschaft durch den dramatischen Notstand während der Pandemie aufgerüttelt wurden und das, was mittlerweile wieder als Normalzustand akzeptiert wird, endlich richtig betrachten, als das, was es seit Jahren ist, ein ständiges Arbeiten am Limit“, fordert Eichenauer als Berufsvertreterin, Hebamme und auch als Großmutter, denn die Auswirkung auf die Versorgung sei längst spürbar.

Harte Realität – Statements aus der Umfrage

„Ich liebe die Arbeit im Kreißsaal – aber so kann ich unter keinen Umständen mehr dort arbeiten.“ J. B.-S.

„Unfair für werdende Familien und Personal gleichermaßen.“ J. H.

„So kann es nicht weitergehen! Ich habe nach 3 Jahren Kampf, etwas zu verändern, die Konsequenzen gezogen und gekündigt!“ M. G.

„Ich habe gekündigt, nachdem der Hebammenmangel so eklatant wurde, dass wir mit 1400 Geburten, alleine im Dienst waren, ohne Reinigungskraft. Irgendwann konnte selbst ein Nachdienst gar nicht mehr besetzt werden und alle Frauen, die am Nachmittag davor sich gemeldet haben, wurden wegen Überfüllung verlegt, es wurde nicht kommuniziert, dass der Kreißsaal nicht besetzt war.“ A. B.

„Die Bedingungen der Klinischen Geburtshilfe führen dazu, Geburt als ein urphysiologisches weibliches Ereignis ‚unmöglich‘ zu machen… das Trauma Geburt (sowohl für Frauen, Paare, Kinder als auch für uns Hebammen) benötigt zwei Einsen und den Doppelpunkt als Verbindung – 1:1! [eine Hebamme betreut eine Schwangere; Anm. d. Red.] Alles spricht dafür – nur das System dagegen!“ M. C.-B.

Auswertung der Umfrage „Jede von uns zählt“ für Baden-Württemberg