Heute ist Equal Pay Day – dieses Jahr also vorgerückt auf den 10. März. Damit ist der Unterschied zwischen der Bezahlung von Frauen und Männern für gleiche Arbeit auf 19 Prozent gesunken. Das ist ein positives Signal, aber kein Grund zum Jubeln. Frauen verdienen im Schnitt immer noch 19 Prozent weniger als Männer. Der Equal Pay Day soll das sichtbar machen. Das ist der auf den jährlich neuen Berechnungen des Statistischen Bundesamts festgelegte fiktive Tag, bis zu dem Frauen im Vergleich mit Männern umsonst arbeiten.
Ein Teil dieser Lohnlücke lässt sich auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen, so die Business and Professional Women (BPW) Germany e. V. auf equalpayday.de: „Viele Frauen erlernen Berufe, die schlechter bezahlt sind, arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit oder in Minijobs. Doch selbst wenn man diese Faktoren herausrechnet und sich Frauen und Männer anschaut, die in der gleichen Branche und gleichen Position gleich viel arbeiten, dann ergibt sich in Deutschland immer noch eine nicht zu erklärende Lohnlücke von sechs Prozent.“
Lohngerechtigkeit
„Was ist Lohngerechtigkeit?“ fragt Jutta Eichenauer, 1. Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg. „Wir müssen aus meiner Sicht grundsätzlich eine offene Debatte darüber führen, wie wir in unserer Gesellschaft Arbeit bewerten. Die Pandemie hat viele Missstände offengelegt. Sie hat auch diese Diskrepanz deutlich zutage gebracht: Menschen in den Gesundheitsberufen, die an vorderster Front oft bis zur totalen Erschöpfung um Leben und Gesundheit ihrer PatientInnen kämpfen und dabei ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen, werden mit einem (wenn auch freundlichen) Applaus abgespeist – bei gleichzeitig nicht enden wollenden erfolglosen Versprechen besserer Bezahlung“, so Eichenauer. „Unser Gesundheitssystem steht ja nicht erst seit Corona auf dem Prüfstand, allerdings eher von allen Beteiligten, den Betroffenen, nicht von Seiten der politischen Entscheidungsträger“, erinnert die Hebamme. Während die Führungskräfte von Banken, Automobil- oder Energiekonzernen schwindelerregende Gehälter und Boni erhielten, müssten sich viele andere und überaus wichtige Berufsgruppen mit kleinen Löhnen begnügen. „Wer bestimmt, welche Arbeit so viel wichtiger ist, dass sie so viel besser bezahlt wird?“, fragt Eichenauer provokativ: „Wer hat festgelegt, dass Müllabfuhr und Altenpflege weniger wichtig sind, als die Lenkung von Banken und Konzernen?“
Der Hebammenberuf – hohe Verantwortung, schlechte Bezahlung
Auch die Hebammen kämpfen seit Jahren für eine angemessene Bezahlung. Ein Baustein darin war die Akademisierung der Hebammenausbildung. Davon erhoffen sich die Hebammen nicht nur die Anerkennung ihrer verantwortungsvollen Arbeit auf Augenhöhe mit den Medizinberufen, sondern auch ein angemessenes Lohnniveau. „Die Crux dabei ist, dass es viele Hebammen gibt, die nach klassischem Modell ausgebildet wurden (was auch für eine Übergangszeit von zwei Jahren noch weiter möglich sein wird), die schon immer hervorragend war und durch ausgeprägte Weiterbildung auf höchstem Niveau gehalten wird. Das sind Hebammen mit der Erfahrung vieler Jahre verantwortungsvoller Tätigkeit und dem untrüglichen Gespür für das ihnen anvertraute Leben – des Ungeborenen, des Neugeborenen und der Mutter.“ In diesem Sinne bemühe sich der Verband derzeit auf Landesebne, um die Geleichwertigkeitsanerkennung.
Typische Frauenberufe
Viele Berufe, die im Gesundheitssektor unabkömmlich sind und sich daher gerade in der Pandemie als systemrelevant erwiesen haben, sind typische Frauenberufe, die vom Gender Pay Gap besonders betroffen sind. Dazu gehören auch Hebammen, ein Beruf, der überwiegend von Frauen ausgeübt wird.
Um auf die Relevanz dieser Berufe aufmerksam zu machen, hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2020 zum „Jahr der Pflegenden und Hebammen“ ausgerufen und nun, nach einem Jahr Pandemie, für 2021 verlängert.
… übrigens:
Haben Sie schon einmal etwas vom Equal Care Day gehört? Der Equal Care Day ist ein Aktionstag, der auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Fürsorgearbeit aufmerksam macht. Die Festlegung auf den 29. Februar, der als Schalttag nur alle 4 Jahre stattfindet und in den Jahren dazwischen übergangen wird, weist darauf hin, dass Care-Arbeit als weitgehend „unsichtbare Arbeit“ gilt, die oft nicht wahrgenommen und nicht bezahlt wird – so der Landesfrauenrat Bden-Württemberg in seiner Pressemitteilung zu diesem (fehlenden) Anlass.
„Ich bin Gamechanger weil…“ Equal Pay Day Kampagne 2021
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Infos zum Gender Pay Gap (DGB)
Foto von Jutta Eichenauer: Britta Zickfeldt (Elwin Staude Verlag GmbH)
Beitragsbild: Inga Haar (BPW)