Gedanken zum Equal Pay Day 2015
Beim Geld endet die Liebe. Leider auch die zwischen Männern und Frauen. Regelmäßig zum Equal Pay Day (kurz EPD) geraten die Geschlechter in Streit. Schade! Sind doch beide eher für das Gegenteil da, das Miteinander, das die Erhaltung unserer Art gewährleistet, wie man das wissenschaftlich ausdrücken würde.
In diesem Jahr ist es also der 20. März, bis zu dem die Frauen umsonst gearbeitet haben – rein statistisch natürlich. So nämlich wird errechnet, wann der EPD stattfindet: wie viel länger Frauen arbeiten müssen, um auf die gleiche Bezahlung zu kommen, wie ihre männlichen Kollegen.
Ja – die Statistik! Immer wenn das Ergebnis nicht ins Weltbild einer betroffenen Gruppe passt, wird an diesem ansonsten allseits beliebten Berechnungssystem gerüttelt: „Glaube keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast“ ist dann der Lieblingssatz. Den finden wir ja noch lässig.
Aber es geht auch empörender, wie man ebenfalls regelmäßig zum EPD hört. Die von Frauenrechtlerinnen so gerne angeprangerte schlechtere Bezahlung liege doch vielmehr an der Berufswahl oder gar an den unterschiedlichen Prioritäten, die Männer und Frauen in ihrem Leben setzen.
Ungeachtet dessen, dass hier eine bequeme Verständnislücke herrscht, denn für die EPD-Statistik werden vergleichbare Tätigkeiten herangezogen, möchten wir dennoch auf diesen zynischen „Selber-Schuld-Einwand“ eingehen und einfach mal knallhart und plakativ antworten:
Irgendjemand muss die Drecksarbeit ja machen – wollen Sie das? Nur zu!
Natürlich sehen wir Unterbezahlten unseren Beruf nicht als Drecksarbeit an, vielmehr als Berufung, für die man so Einiges auf sich nimmt – Glück für all diejenigen, die sich genau darauf nicht einlassen wollten! Wir Hebammen zum Beispiel laden aber gerne alle zu einem Tag in unserem Leben mit falsch gewählten Prioritäten ein. Begleiten Sie uns bei Nacht und Nebel auf der eiligen Fahrt zu einer Schwangeren und helfen Sie ihr über Stunden bei ihrem anstrengenden, lauten, blutigen und kotigen Kampf, Leben auf die Welt zu bringen. Entschuldigen Sie unsere schonungslose Bildsprache. Aber steriles Klonen geht halt noch immer nicht.
Und es könnten viele gleichermaßen drastische Bilder für Sozialberufe gefunden werden – der Domäne prioritätsmäßig fehlgeleiteter Frauen.
Ganz allgemein möchten wir an dieser Stelle noch auf ein weiteres Phänomen verweisen, für das wir eine dokumentierte Anekdote heranziehen möchten: Als es noch Schwarz-Weiß-Fernseher gab, wurde von einem bekannten Hersteller die schlechtere Bezahlung einer Frau, die exakt wie ihr männlicher Kollege Fernseher verpackt hat, wie folgt erklärt: Der Mann verpacke ja die Farb-Fernseher. Selber schuld: Sie hätte sich ja um den Farb-Fernseher reißen können, oder?
Es gibt für alles – aber auch wirklich alles – ein einfaches Argument!